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Teilnahme an der Finalrunde der internationalen PhysikOlympiade

Teilnahme an der Finalrunde der internationalen PhysikOlympiade

Im April dieses Jahres durfte ich als Schüler des 13. Jahrgangs an der Finalrunde der internationalen PhysikOlympiade in Garching bei München teilnehmen. Wie ich dorthin gekommen bin und welche Erfahrungen ich dabei gemacht habe, werde ich in diesem Bericht kurz erzählen.

Die internationale PhysikOlympiade (IPhO) ist ein Wettbewerb, der sich an Schüler mit Interesse an der Physik, primär aus der Oberstufe, richtet. Dabei werden in 4 Wettbewerbsrunden die besten Nachwuchsphysikerinnen und -physiker des Landes ausgewählt, um Deutschland im Sommer beim internationalen Wettbewerb, der in diesem Jahr in Tokio, Japan stattfinden wird, zu vertreten und um Medaillen zu kämpfen (bzw. zu rechnen). Die Aufgaben gehen fachlich quer durch die Physik und teilweise weit über das hinaus, was in der Schule behandelt wird. Der Schwierigkeitsgrad steigt im Laufe der Wettbewerbsrunden. In Deutschland nehmen in der Regel ungefähr 1.000 Schülerinnen und Schüler teil.

Die Aufgaben der 1. Runde werden jedes Jahr im April im Internet veröffentlicht und bestenfalls im Unterricht an Interessierte ausgeteilt. So habe ich mich also vor gut einem Jahr daran gemacht, die Aufgaben der ersten Runde zur IPhO 2023 in Japan zu bearbeiten. Zur Bearbeitung durften Literatur und das gesamte Internet zu Hilfe gezogen werden. Mit meinen Lösungen der Aufgaben konnte ich mich für die 2. Runde qualifizieren.

Diese fand im Herbst als Klausur dezentral in den Schulen statt und wurde von ca. 500 Leuten geschrieben. Innerhalb von 3 Stunden mussten 7 Multiple-Choice-Aufgaben, bei denen zusätzlich Begründungen erforderlich waren, und 3 kleinschrittig gestaltete Langaufgaben bearbeitet werden. Zwar war neben einem nicht grafikfähigen Taschenrechner auch eine selbst gestaltete Formelsammlung im Format eines DinA4 Blattes zugelassen, dennoch hilft diese nicht viel, wenn man mit den ganzen Formeln, die man sich aufgeschrieben hat, nichts anfangen kann. Diese Erfahrung durfte ich im vorigen Jahr machen, als ich schon ein Mal an der IPhO teilgenommen habe, dort aber in der 2. Runde auch Endstation war. Dieses Mal schaffte ich es, mich mit einem deutschlandweiten 10. Platz für die dritte Runde des Wettbewerbs zu qualifizieren.

Die 3. Runde, auch Bundesrunde genannt, fand Ende Januar als einwöchige Präsenzveranstaltung in Kiel statt. Eingeladen waren die besten 50 Teilnehmer der 2. Runde. Insgesamt wurden 4 Klausuren geschrieben, die jeweils 3 Stunden dauerten. Daneben gab es ein recht umfangreiches Programm aus Seminaren und Exkursionen, bei dem wir unter anderem einige der physikalischen Institute der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) besichtigten oder ein paar einfache Versuche unter Verwendung eines Mikrocontrollers (Arduino UNO) durchführten. Zudem gab es natürlich reichlich Gelegenheit, die anderen Teilnehmer kennenzulernen. 2 der Klausuren waren sogenannte experimentelle Klausuren, das heißt, man musste grob angeleitet durch die Aufgabenstellung, Messwerte aufnehmen, diese auswerten und daraus seine Schlüsse ziehen. Auch wenn am Abend vor der ersten experimentellen Klausur noch ein Übungsseminar veranstaltet wurde, war diese Klausurform für mich und viele andere Teilnehmer doch ziemliches Neuland und somit recht schwierig. Sicherlich wird in der Schule von Zeit zu experimentiert, dies aber nicht eigenständig im Klausurmodus und die Auswertung ist meist auch nicht derart umfangreich. Konkret wurde der temperaturabhängige Widerstand einer Glühlampe und die magnetischen Eigenschaften von Wasser untersucht. Nach einer recht anstrengenden Woche kam am letzten Morgen mit der Preisverleihung die Stunde der Wahrheit. Dabei wurden zunächst all diejenigen in randomisierter Reihenfolge aufgerufen, die sich nicht für die 4. und letzte Runde, die Finalrunde, qualifizieren konnten. Die Anspannung während dieses Prozedere war allen Teilnehmern gut anzusehen und wurde von der Wettbewerbsleitung durch einen vorangehenden Festvortrag zu Mondmissionen unter Beteiligung der CAU gekonnt verstärkt. Na ja, irgendwie wollte mein Name nicht fallen und ich durfte feststellen, dass ich mich mit einem 14. Platz tatsächlich als einer von 15 Leuten für die Finalrunde der IPhO qualifiziert hatte. Die Punktegrenze für die Qualifikation lag übrigens bei 49/100 Punkten, ich kam auf 49,6 Punkte.

Die Finalrunde fand Mitte April am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching bei München mit 15 Teilnehmern aus ganz Deutschland statt. Ich durfte mich also nach der Jahrgangsfahrt im September erneut in den ICE nach München setzen. Die Reisekosten wurden, wie auch bei der 3. Runde, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung übernommen. Die Finalrunde lief analog zur Bundesrunde ab und hatte einen ähnlichen Schwierigkeitsgrad, wobei einige Aufgaben der theoretischen Klausuren, die denen des internationalen Wettbewerbs entlehnt waren, es sehr in sich hatten. In den Experimenten galt es, ein gekoppeltes Torsionspendel zu untersuchen (siehe Foto) und die Schaltung einer elektrischen Black-Box zu bestimmen. Als Rahmenprogramm wurden das Deutsche Museum in München, das ESO Supernova-Planetarium, das Centre for Advanced Laser Applications (CALA) oder das Photon-Lab des MPQ in Garching besichtigt. Im MPQ konnte man gelegentlich an Leuten wie Harald Lesch vorbeilaufen, der zu diesem Zeitpunkt für eine TerraX-Reihe drehte. Am Ende der Woche stand dann wieder die Preisverleihung auf dem Programm. Mit meinem 13. Platz war der Wettbewerb für mich beendet, was aber keines Wegs bedauerlich ist, denn mit der Teilnahme an der Finalrunde bin ich um einiges weiter gekommen, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Die 5 besten Teilnehmer der Finalrunde dürfen sich über eine Teilnahme am internationalen Wettbewerb in Japan im Juli freuen. Dort werden 2 Klausuren à 5 Stunden geschrieben, eine theoretische und eine experimentelle, ansonsten bleibt viel Zeit für ein umfangreiches Sightseeing-Programm. Zudem erhalten die 5 Mitglieder des Nationalteams den Schülerpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und werden in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen.

Sowohl der Bundesrunde als auch der Finalrunde ging jeweils ein umfangreiches online Training voraus. Vor der Bundesrunde konnten auf freiwilliger Basis 8 Aufgaben zur Korrektur eingereicht werden und anschließend mit einem Pool aus 100 Aufgaben vergangener 3. und 4. Runden geübt werden. Als Vorbereitung auf die Finalrunde gab es 3 Sätze à 6 Aufgaben, die jeweils innerhalb von 2 Wochen bearbeitet werden mussten und insofern verpflichtend waren, als mit ihnen bereits die ersten 3 Punkte gesammelt werden konnten. 6 Aufgaben in 2 Wochen klingt vielleicht nach wenig, hatte es aber in Anbetracht des Schwierigkeitsgrades und einer laufenden Klausurenphase durchaus in sich.
Die 3. und 4. Runde wurden vor Ort von ehemaligen Teilnehmern des Wettbewerbs betreut, welche auch die Klausuren korrigierten. Dabei wurde jede Klausur mindestens zweimal, an der Qualifikationsgrenze sogar dreimal, von verschiedenen Leuten korrigiert. Ich freue mich darauf, aufgrund meiner Teilnahme an der Finalrunde dies in Zukunft auch machen zu können.

Insgesamt war die Teilnahme an der IPhO, vor allem an den letzten beiden Runden, eine tolle Erfahrung. Nicht nur dadurch, dass ich fachlich einiges dazulernen und interessante Einblicke in die verschiedenen Institute in Kiel und Garching erhalten konnte, sondern auch durch das Kennenlernen der anderen Teilnehmer. Während ich vor der Bundesrunde noch keinen der anderen Teilnehmer kannte, sah ich einige, die ich zwischendurch noch bei der 3. Runde der ChemieOlympiade im März gesehen habe, bei der Finalrunde bereits zum dritten Mal. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Mehrzahl der Teilnehmer an der Finalrunde nicht von „normalen“ Schulen wie dem Gymnasium aus Neu Wulmstorf kamen, sondern von Internaten oder Schwerpunkt-Schulen, teilweise mit eigenen Aufnahmeprüfungen, von denen nicht wenige das eine oder andere Mitglied eines Nationalteams vergangener Jahre vorzuweisen haben und ihre Schüler sehr gezielt auf die höheren Runden vorzubereiten wissen.

Die Teilnahme an der IPhO lohnt sich in jedem Fall. Man kann nichts verlieren, sondern ganz im Gegenteil Erfahrung sammeln und sich im besten Fall für die nächste Runde qualifizieren. Zudem kann man coole Preise wie einen Taschenrechner der Firma Casio, ein Spektrum-Jahresabo oder Geld gewinnen. Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Unter dem folgenden Link finden sich die offiziellen Berichte zur 3. und 4. Runde und auf selbiger Website auch die Aufgaben der aktuellen 1. Runde (mitmachen lohnt sich) und vergangener 1. und 2. Runden für Interessierte:
https://www.scienceolympiaden.de/ipho/internationale-physik-olympiade-news-1

Jakob Hansen

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