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Zeitzeugengespräch am GNW

Zeitzeugengespräch am GNW

Niemals Krieg – diese Message haben wir aus dem 10. Jahrgang am Donnerstag mit aller Deutlichkeit aus dem Zeitzeugengespräch mitgenommen.

Manfred Hüllen (83) und Lisa Schomburg (92) von den Hamburger Zeitzeugen haben sich drei Stunden lang unseren Fragen gestellt und ihre Erlebnisse aus der NS-Zeit, dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit mit uns geteilt.

Moderiert wurde das Gespräch von den Schülerinnen Amy und Maja, die den beiden unsere vorab gesammelten Fragen gestellt haben und in der Fragerunde danach hatten wir dann noch die Möglichkeit, spontane Fragen einzuwerfen.

Lisa Schomburg war als junges Mädchen im BDM – sie hat uns erzählt, dass sie Hitler (anders als ihre Eltern) damals gut fand, er fast eine Art Gott für sie gewesen sei und sie das eigentliche NS-System erst viel später begriffen hätte – was dann auch zu einem Umdenken geführt hat. Außerdem hat sie uns viel vom Krieg und seiner Zerstörung berichtet, beispielsweise wie sie einmal mit einer Freundin in einem Hamburger Keller vor den Bomben Schutz suchen musste und dann, nachdem diese darüber eingeschlagen waren, stundenlang verschüttet blieb – und was für Sorgen sich ihre Eltern damals gemacht haben.

Manfred Hüllen hingegen war während dieser Zeit noch ein kleines Kind, konnte seinen Vater aber erst spät richtig kennenlernen, da dieser sich lange in Kriegsgefangenschaft befand. Er selbst hat in der Nachkriegszeit in Düsseldorf immer wieder stehlen müssen, um an Essen zu kommen – oder wie er sich selbst immer wieder mit etwas Ironie beschrieben hat: Er wäre für die Mafia geeignet gewesen.

Für einige war es auch eine beeindruckende Geschichte, als er von einem Mann erzählt hat, der nach der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war und sich das Leben genommen hat, nachdem er gesehen hatte, dass seine Frau inzwischen neu liiert war.

Für uns war es vor allem sehr besonders, wie viel Persönliches unsere beiden Gäste erzählt haben. Spätestens als Manfred Hüllen uns von Emotionen übermannt vom Tod seiner Schwester erzählt hat, die bei einem Unfall mit einem mit Munition geladenen LKW ums Leben kam, waren viele Augen dann auch nicht mehr trocken. Wir haben einen riesengroßen Respekt davor, wie offen und mutig die beiden auch so intime und emotionale Dinge erzählt haben, die ihnen sichtlich schwergefallen sind und immer wieder all das traumatische Erlebte zurückgeholt haben.

Auch einige Bilder von damals und echte Bombensplitter konnten wir uns angucken. Die ganzen einzelnen Schicksale der vielen Menschen, die hinter den oft unwirklich wirkenden Geschehnissen und unvorstellbar großen Opferzahlen stecken und von denen unsere Zeitzeugen berichtet haben, waren für viele von uns nochmal etwas ganz anderes, viel eindrücklicher und auf einmal real, anders als Texte oder bloße Gedenkorte es erreichen können.

Und vor allem Herr Hüllen hat nicht nur seine Erinnerungen geteilt, sondern uns auch ermutigt,(politisch) Haltung zu beziehen, wann immer es nötig sein sollte und uns gegen Hass einzusetzen. Das fängt für ihn nicht erst beim Krieg an, es sind ebenso Auseinandersetzungen und Mobbing, aber auch das Thema Gewalt gegen die Natur. In unsere Generation legen die beiden ihre Hoffnung auf Diplomatie und Frieden.

Niemals Krieg – und das während eines Kriegs in Europa, der uns nach Manfred Hüllens Meinung jetzt auch zu Zeitzeugen macht. Bei den beiden löst es spürbar pures Unverständnis aus, dass die Menschheit so etwas Schreckliches immer noch hervorbringen kann. Das ist auch für uns Jüngere total surreal und immer wieder Thema.

Unsere Zeitzeugen haben uns deutlich gemacht, dass einen Krieg nie loslässt und dass das aktuelle Geschehen viele Parallelen aufwirft, was man während des Gesprächs immer wieder merken konnte. Manfred Hüllen, der sich gegen Extremismus stark macht und demonstriert, hat auch von heutigen Drohungen gegen ihn und einem Vorfall, wo jemand sein Auto beschädigt hat, berichtet, was uns sehr erschreckt hat.

Zum Schluss haben die beiden dann u.a. den schuleigenen Honig und Blumen geschenkt bekommen und unserer Schule wurde im Gegenzug wie im letzten Jahr eine Europa-Flagge als Symbol für Demokratie und Frieden überreicht – diesmal mit einer Deutschland-Flagge in der Mitte. Nachdem diese bereits von so manchem als Umhang ausprobiert wurde, wird sie nun wahrscheinlich im C-Trakt aufgehangen werden.

Viele von uns haben auch immer wieder darüber nachgedacht, dass unsere Generation nun aber auch eine der letzten sein wird, die die Möglichkeit und das Privileg hat, mit den Menschen reden zu können, die diese Geschehnisse selbst erlebt haben.

Also: ein großes Dankeschön an die Schule, dass dieses Gespräch stattfinden konnte und an Manfred Hüllen, Lisa Schomburg sowie alle anderen Zeitzeugen von der Zeitzeugenbörse für ihr Engagement, das so wichtig und wertvoll ist und hoffentlich noch weiter viel erreichen kann!

Féline Schaper in Zusammenarbeit mit ihrer Klasse (10-1)

 

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